Mittwoch, 4. Mai 2011

Amer (2009, Dir: Hélène Cattet, Bruno Forzani)



So, das war sie nun, die angepriesene Auferstehung des totgeglaubten Giallo, die Hommage, die Liebeserklärung an eines der geheimnisvollsten und wohl unterbewertetsten Genres der Filmgeschichte.
Man darf definitiv keinen klassischen Giallo der alten Schule, sprich stylish inszenierten "Whodunnit-Slasher" erwarten, sondern eher ein extrem suggestives, komplett handlungsfreies Schocker-Wirrwarr, welches durch gezieltes Einsetzen gängiger Giallo-Effekte und -Motive eben zu solchem werden will, sein Ziel aber eigentlich zu keiner Zeit erreicht.
Positiv hervorzuheben ist auf jeden Fall die unbändige Kreativität der beiden Regisseure, die extrem experimentierfreudig - gerade was Kamera, Schnitt, Licht und Sound betrifft - ein Fest für Augen und Ohren servieren. Extrem gesättigte, stark kolorierte Bilder wechseln sich ab mit überbelichteten, unscharfen, verzerrten oder kontrastreichen. Extreme Close Ups von Augen, Mund oder Haaren sind ein gängiges Stilmittel, ebenso sieht man den Einsatz von Stop Motion Technik oder Bewegungsunschärfe durch langsamere Belichtungszeiten, und und und...
All das kann aber irgendwie nicht darüber hinwegtäuschen, das nicht wirklich eine Geschichte erzählt wird, das man sich nicht wirklich im Italien der 70er-Jahre befindet und das eben kein Argento, Martino oder Bava hinter der Kamera stand. Da hilft auch der wirklich tolle Soundtrack nicht, der sich großzügig bei seinen Vorbildern bedient und zumindest teilweise authentisches Giallo-Feeling vermittelt.
Alles in allem ein ehrenwerter und sehenswerter Versuch einer Hommage, jedoch würde ich im Zweifelsfalle definitiv lieber wieder zu Bava, Martino, Argento und Co greifen...

Text: Le Samourai