Mittwoch, 30. November 2011

Fish Tank (2009, Dir: Andrea Arnold)


Die 15-jährige Mia (Katie Jarvis) ist ein Problemfall wie er im Buche steht. Gerade von der Schule geflogen, streift sie meist ziellos und alleine durch die Sozialbauten ihrer Heimatstadt Essex. Liegt sie nicht gerade mit Freunden oder ihrer Mutter im Klinch ertränkt sie ihre Probleme mit Alkohol. Einziger Lichtblick ihres tristen Alltags scheinen Musik und Breakdance zu sein, in denen sie meist alleine Zuflucht sucht. Als ihre Mutter eines Tages einen neuen Freund, den gut aussehenden Connor, anschleppt, nimmt die Geschichte von FISH TANK ihren Lauf.
Schon bei der ersten Begegnung der Beiden ist die gegenseitige sexuelle Begierde greifbar und gipfelt bereits nach wenigen Tagen in unromantischem Geschlechtsverkehr auf der Wohnzimmercouch, während Mia's Mutter zu gedröhnt im Zimmer neben dran schläft. Connor verspricht am nächsten Morgen mit ihr darüber zu reden; Mia macht sich offensichtlich Hoffnungen auf eine Beziehung mit dem über 30-Jährigen. Als Connor jedoch am nächsten Tag spurlos verschwunden ist, macht Mia seine Adresse ausfindig und bricht wutentbrannt in sein Haus ein. Dort muss sie feststellen, dass Conor ein geregeltes gut bürgerliches Leben mit Frau und KInd führt. Aus Rache und Neid heraus, entschließt Mia sich in einer Kurzschlussreaktion Connors kleine Tochter zu entführen, doch kommt nach dem dramatischen Höhepunkt, bei dem das kleine Kind fast ertrinkt, zurück zur Vernunft und bringt das Mädchen noch am gleichen Tag wohlbehalten nach Hause. Verletzt, gekränkt und ohne Perspektive verlässt Mia am Ende des Films ihre Familie um mit einem Freund in Wales zu leben...
FISH TANK ist ein besonderer Film. Mit den geringsten Mitteln zeichnet Regisseurin Andrea Arnold in ihrem Debutfilm ein erschreckend authentisches Abbild der englischen Unterschicht. Tristesse, Langeweile und tiefer Frust sind ständige Begleiter aller Akteure. Trotz ihres sozial nicht tragbaren Verhaltens schafft es Arnold aus Mitleid resultierende Sympathie für Mia im Zuschauer auszulösen. Darstellerin Katie Jarvis wurde von der Straße weg gecastet (sie wurde entdeckt, als sie am Bahnhof von Essex lauthals schreiend mit einem Freund stritt) und liefert trotz keinerlei Schauspiel-Erfahrung eine durchweg überzeugende Leistung ab.
FISH TANK ist ein kleiner Film, der aber vor allem durch Hauptdarstellerin, Drehbuch und die teilweise wunderschöne Fotografie zu überzeugen weiß und damit seine Cannes Auszeichnung (Preis der Jury) rechtfertigt.
Anfang diesen Monats wurde Arnolds Nachfolgefilm WUTHERING HEIGHTS veröffentlicht und steht auf meiner Merkliste jetzt weit oben.
Text: andyewest88