Dienstag, 17. Januar 2012

Hanna (2011, Dir: Joe Wright)


Vor allem das erste Drittel macht richtig Spaß bei HANNA. Die eigentliche Geschichte, die danach folgt, ist nett anzuschauen, verkommt aber mit andauernder Spieldauer immer mehr zum Standard-Action-Werk. Trotzdem ist der Film mehr als das übliche Popcorn-Kino, was zum einen an der grandiosen technischen Umsetzung (tolle Montage und Bilder) und zum anderen an den herausragenden Hauptdarstellern liegt. Die 16-jährige Saoirse Ronan beweist mit der Verkörperung der verletzlich-verwirrten Killer-Maschine Hanna großes Talent und harmoniert traumwandlerisch gut mit Zieh-Vater Eric Bana. Genau betrachtet ist es diese leicht distanzierte aber unglaublich liebevolle Beziehung zwischen den Beiden, die im Mittelpunkt des Films steht und uns bis zum Ende mitfiebern lässt. 
Als Gegenspielerin hat sich Wright die Dienste von Cate Blanchet gesichert, was sich als kluger Schachzug herausgestellt hat. Blanchet verkörpert die emotionslose Karrierefrau Marissa Wiegler mit stoischer Ruhe und treibt den Zuschauer mit ihrer dezenten Boshaftigkeit schnell auf die Seite Hannas, die durch ihre kompromisslosen Morde auch nicht über alle moralischen Zweifel erhaben ist. Aber immer wieder blitzt in ihr eine kindliche Verletzlichkeit auf, die Hanna einfach liebenswert macht. 
Das letzte Drittel verkommt dann zwar ein wenig zur einfallslosen Verfolgungsjagd, weiß aber trotzdem vor allem durch die außergewöhnliche Auswahl der Drehorte (z.B. der verwunschene Spreepark Berlins) zu überzeugen. Beim inhaltlichen Höhepunkt und der Antwort auf die Frage: Wer ist Hanna? ist Autor Seth Lochhead leider kein kreativer Kniff gelungen, das kann man nicht anders sagen. 
Für mich ist HANNA trotzdem ein sehr sehenswerter Film, der es schafft auf dem schmalen Grad zwischen inhaltlichem Anspruch und Mainstream-Kino gekonnt zu wandeln ohne abzustürzen.

Text: andyewest88