Dienstag, 14. Februar 2012

In The Belly Of A Whale (2011, Dir: Andreas Lamoth & Frederic Leitzke)


Das Dokumentarfilmdebüt der blutjungen Filmemacher Andreas Lamoth und Frederic Leitzke führt uns in die Welt der Berliner Urban Art. Im Stil einer episodenhaften Reportage angelegt, ist "In The Belly Of A Whale" (ein wunderbarer Titel und gleichzeitig der Introsong von der Band PLUS) in erster Linie eins: informativ. Diverse Künstler liefern authentische Eindrücke ihres Lebens in der Hauptstadt, zwischen kreativer Selbstverwirklichung und Kühlschrankauffüllen, in einer Szene, die mit allen Vor- und Nachteilen für die Beteiligten die Entwicklung vom Underground um Mainstream vollzogen hat. Der Film ist gut recherchiert, das Spektrum der Protagonisten ist breit angelegt. Man merkt auch, dass man es hier mit einem Herzensprojekt zu tun hat. Die Filmemacher lieben die Welt, die sie betreten. Und die Protagonisten, die das spüren, danken es mit Offenheit. 
Der Film ist aufgrund seiner Episoden abwechslungsreich und gut geschnitten. Hervorzuheben ist besonders das geschulte Auge der Regisseure für Intermedialität: die Typografien sind erfrischend, die Musikauswahl ist außergewöhnlich und außergewöhnlich gut. Genau das sind die Elemente, die dieses Thema verlangt und die in einem Film über Kunst zusammen kommen müssen - mit dem Resultat eines neuen Kunstwerks, eines Kunstwerks über Kunst(werke). 
In dieser Hinsicht ist natürlich nicht alles perfekt, denn es ist noch kein Meisterfisch vom Himmel gefallen und so gibt es auch im Bauch des Wals die ein oder andere Grete, die etwas quer steckt: der interviewlastige Film wird großenteils durch Standbilder der Werke der verschiedenen Künstler unterstützt; echte Filmaufnahmen sind verhältnsmäßig rar. Gerade aber auf Ebene der Bildästhetik wäre mehr Potenzial vorhanden, die spannenden Kontraste im Leben der Protagonisten zu etablieren. Ein zweiter Punkt ist der Übersichtscharakter, den die zahlreichen Interviews kreieren. Stellenweise erschwert er die Definition eines klaren Themenkerns. Geht es um das Leben von und mit der Kunst? Geht es um die Entwicklung der Kunst an sich? Oder doch um das Berliner Modethema Nummer 1, die leidige Gentrification? Vieles wird angerissen, vieles wiederholt sich. Hier wäre weniger evtl. mehr und eine dramaturgische Beratung sinnvoll gewesen.

Wie dem auch sei, dieser Erstling lässt aufhorchen. Mit ihrem untrüglichen Gespür für - ich nenne es mal ganz lapidar und allumfassend - "Style" haben die Filmemacher eine Basis künstlerischen Schaffens, die nicht alltäglich ist und sich vom Einheitsbrei abzuheben vermag. Eine noch strukturiertere und exaktere Fokussierung auf das Zusammenspiel von Inhalt und Form und man kann einiges erwarten. 
Fazit: Wer auch immer diese Jungs sind und was auch immer sie vorhaben: auf den Output von Editude Pictures in den nächsten Jahren darf man gespannt sein.

Text: Gordon Cole