Donnerstag, 3. Mai 2012

Il profumo della signora in nero (1974, Dir: Francesco Barilli)


"Il Profumo della signora in nero" ("The Perfume of the Lady in Black") ist eine der gigantischen Ausnahmeleistungen des europäischen Horrorfilms. 
Francesco Barilli führt virtuos Elemente aus verschiedenen Strömungen der damaligen Filmlandschaft zusammen und schafft einen psychologischen Giallo-Genrehybrid, der seinesgleichen sucht. Die Produktion spielt über die gesamte Lauflänge gekonnt mit der verzerrten Wahrnehmung der Protagonistin und hält zugleich die atmosphärische Dichte konstant auf einer Ebene, welche die meisten vergleichbaren Werke, wenn überhaupt, nur punktuell erreichen.
Die Handlung entfaltet sich und die gezeigten Realitäten werden graduell zusammenhangsloser, die ausführenden Elemente verschwinden zunehmend im Hintergrund und räumen dem schleichenden Wahnsinn bis zu den letzten haarsträubenden Minuten stückweise mehr Raum ein. Parallelen zu diversen Schöpfungen Polanskis (Rosemary's Baby, Le Locataire, Repulsion) liegen gewiss auf der Hand, aber den Film darauf zu reduzieren wäre ungemein ignorant, denn Dramaturgie und Inszenierung entwickeln eine vollkommen eigene, sehr absonderliche Sprache. Vornehmlich, da die Regie ihrer Zeit stellenweise beängstigend weit voraus ist und v.a. Schnitt und Sounddesign vereinzelt eine jüngere Produktion suggerieren lassen. In Kombination mit typischen Manierismen der goldenen Zeit des italienischen Horrors entfaltet sich so ein entrücktes, aber dennoch unverkennbar seiner Entstehungszeit verpflichtetes Kunstwerk. 
Das gesamte Design, von Sound bis zu den umwerfenden Sets & Kostümen, ist auf einem ästhetischen Niveau, das nur in dieser Zeit so entstehen konnte, aber auch dann nur ausserordentlich selten erreicht wurde. Ein extrem durchstilisierter Okkulthorror-Albtraum in umwerfendem Technicolor, der zu den brillantesten, formvollendetsten zählt die je entstanden sind, mit Sicherheit!

Text: FredFuchs