Sonntag, 29. April 2012

Volver (2006, Dir: Pedro Almodovar)


Penelope ist umwerfend großartig und Almodovar wird immer mehr zu meinem zeitgenössischen europäischen Lieblingsregisseur. Ein überlebensgroßes Drama, bildgewaltig und einfühlsam, mit dem vielleicht interessantesten, überzeugendsten weiblichen Ensemble der Filmgeschichte. 
Text: Le Samourai

Mittwoch, 25. April 2012

Milano calibro 9 (1972, Dir: Fernando Di Leo)


Ein nahezu überraschend ernstzunehmender und gleichzeitig großartiger Eintrag in die italienische Crime-Sparte. 
Die suspensevolle Inszenierung ist zweifelsohne auf par mit allen großen Produktionen der Generation und stellt knallharten Realismus und eine intelligente Dramaturgie vor überzeichnete Figuren und unbegründete Gewaltdarstellung. 
Die Performance von Gastone Moschin als lakonischer Gangster gefangen zwischen Justiz und krimineller Vergangenheit ist erstklassig, ebenso Mario Adorf, der als einfältiger, unberechenbar roher Lakai eine magnetische Leinwandpräsenz entwickelt; von all den raubeinigen Rollen (in einer Reihe von fantastischen Filmen!) die Adorf besetzen durfte ist diese schauspielerische Gratwanderung zwischen explosiver Gewalt und lächerlichem Stumpfsinn seine Glanzleistung. Darüber hinaus Spaghettigröße Lionel Stander und Giallo-Darling Barbara Bouchet - das Casting ist ohne Ausnahme absolut fantastisch und erhebt Milano Calibro 9 zum Vorzeigewerk des italienischen Gangsterfilms.

Text: FredFuchs

Blue Movie (1978, Dir: Alberto Cavallone)


Blue Movie ist eine extrem absonderliche Erfahrung. Entstanden aus einer Wette mit dem Ziel das Bahnhofskino-Publikum zu verärgern bricht der Film mit allen, für den vermeintlichen Zuschauer bedeutenden Versprechen, ästhetisch wie erzählerisch.
Cavallone, als gelehrter intellektueller, vermag jedoch mehr als die bloße Fehde mit dem Zielpublikum und drückt seine kompromisslose politische Weltsicht tief in eine absolut anarchische Erzählstruktur aus kaum auszumachenden Rückblenden und freistehenden Handlungssträngen. Er entzieht die Narrative jeglicher Charakterentwicklung und objektifiziert den Cast zu reinen Konsumgütern in einem nihilistischen Theater ohne Höhepunkt und ohne Katharsis.
Das Werk ist absolut unklassifizierbar, vorsätzlich so unkommerziell wie nur möglich und steht als gigantischer Mittelfinger gegen alle Zensurbehörden. Blue Movie war der On-Screen Selbstmord eines wütenden Regisseurs; die dramatische Selbstzerstörung des Künstlers in Cavallone (er sollte nach diesem Film nur noch reinen Hardcore produzieren).
Der Film wurde ein finanzieller Erfolg...
Selbst für den interessierten andersartiger Filmkunst ist ein Screening von Blue Movie ein ausserordentliches Erlebnis. Keiner von Cavallones Filmen hat bisher das Medium DVD erreicht und viele seiner Werke sind leider verschollen oder zerstückelt, auch das Originalmaterial zu Blue Movie ist mit einer dreckigen Mischung aus Super 8 & VHS leider in einem desolaten Zustand.
Text: FredFuchs

Snowtown (2011, Dir: Justin Kurzel)


SNOWTOWN, der schon in Cannes 2011 für Aufsehen sorgte, ist ein eindringliches Drama über die sogenannten 'Snowtown Murders', eine Mordserie, die in den 90er Jahren den Süden Australiens in Atem hielt. Seine herausragende atmosphärische Dichte bezieht der Film nicht zuletzt aus seiner atemberaubenden Kameraarbeit, die durch außergewöhnliche Einstellungen und wunderbare Farbgebung besondere Erwähnung verdient. 
Anders als vergleichbare Serienkiller der Filmgeschichte wie Finchers ZODIAC, entmystifiziert Regisseur Justin Kurzel jedoch seine/n Killer. Durch dessen teilweise nachvollziehbaren Motive (Kindesmissbrauch, Pädophilie) wird es uns Zuschauern dadurch schwer gemacht, ihn wirklich als Monster anzusehen. Stattdessen keimt zweitweise, hauptsächlich zu Beginn des zweiten Aktes, sogar der Eindruck, einen modernen Robin Hood bei seinem Handwerk zuzusehen. Das intelligente Drehbuch trägt zu dieser These mit seiner behutsamen Erzählweise bei, die allerdings in krassem Kontrast zu der gnadenlosen Brutalität steht, mit der die Morde begangen werden. 
Doch SNOWTOWN ist viel mehr als ein Drama über einen Serienkiller. Noch viel angsteinflößender ist die Willenlosigkeit, mit der der junge James Vlassakis seinem Vorbild folgt und diesem wie paralysiert unter die Arme greift. SNOWTOWN ist eine beeindruckende Studie über die soziale Unterschicht, die mit herausragenden Darstellern und deren ausgeprägten naturalistischen Spielstil, ein sehr sehenswertes Stück Indie-Kino ist. 

Text: andyewest88

Sonntag, 22. April 2012

Jane Eyre (2011, Dir: Cary Fukunaga)


So und nicht anders muss eine zeitgemäße britische Romanverfilmung aussehen! 
Wunderbar fotografiert, opulent ausgestattet aber zugleich zurückhaltend inszeniert, toll gespielt von der bezaubernden Mia Wasikowska, dem einmal mehr überzeugenden Michael Fassbender und der glänzend aufgelegten alten Dame Judi Dench. 
Eine für mich in keinster Weise kitschige, sondern einfach wunderschöne Liebesgeschichte ohne Fehl und Tadel.

Text: Le Samourai

Montag, 9. April 2012

Faust (2011, Dir: Aleksandr Sokurov)


Sokurovs Version des klassischen Stoffs von J. W. von Goethe ist ungeheuer bildgewaltige, inszenatorisch höchst beeindruckende, aber zugleich sehr anstrengende und recht schwer zugängliche Kost. Zu Ehren des Originaltextes und der deutschen Sprache allgemein entschied sich der Russe, obwohl er selbst kein Wort Deutsch spricht, den Film in der Muttersprache des Stückes zu drehen - eine mutige, gleichwohl aber die einzig richtige Entscheidung. 
Der Film verfolgt grob den ersten Teil der Tragödie, nur im letzten Viertel werden auch Teile des zweiten Teils behandelt. Sokurov findet - trotz teilweise freier Interpretation des Stoffes - immer tolle Bilder und eine eindrucksvolle Bildsprache. Neben der fabelhaften Ausstattung die größte Leistung des Filmes. 
Definitiv nicht empfehlenswert für Jedermann, man muss sich darüber im Klaren sein, dass man gute zwei - teilweise sperrige - Stunden Literaturverfilmung vor sich hat, wird aber mit einer wirklich eindrucksvollen und gelungenen Visualisierung dieses eigentlich unmöglich zu verfilmenden Stoffes belohnt. 

Text: Le Samourai

Sonntag, 8. April 2012

La Piel Que Habito (2011, Dir: Pedro Almodovar)


Europas zur Zeit vielleicht meisterhafteste Bilderstürmer Almodovar liefert mit "La Piel Que Habito" (dt. Titel: "Die Haut, in der ich wohne") ein berauschendes Arthouse-Thriller-Melodram ab, perfekt durchkomponiert, überkonstruiert, hochstilisiert. Der Film überzeugt durch seine interessante Thematik, die wirklich fantastische Kamera- und Lichtarbeit, die passende musikalische Untermalung und das tolle Spiel seiner Charaktere, allen voran Banderas und der bildschönen Elena Anaya. 
Irgendwo zwischen Frankenstein, "Vertigo" und - teilweise recht offensichtlich - Georges Franjus französischem Meisterwerk "Les Yeux sans visage", aber dann doch einzigartig und unverkennbar Almodovars Handschrift tragend. Ein hervorragender Film.

Text: Le Samourai

Freitag, 6. April 2012

Mélodie en sous-sol (1963, Dir: Henri Verneuil)


Ein Film wie für mich gemacht. Im Stile von Jules Dassins unsterblichem Klassiker "Rififi" inszeniert Altmeister Henri Verneuil einen ultra-stylischen, superb bebilderten und herausragend gespielten Heist-Krimi, der definitiv zu den besten seines Genres gehört (dt. Titel: "Lautlos wie die Nacht"). 
Wunderschöne, kontrastreiche Schwarzweißbilder, toller Jazz, ein überzeugender Casino-Raub mit unerwartetem Ende und zwei absolute Leinwandlegenden (Alain Delon und Jean Gabin) ergeben eine perfekte Mischung, der kein Freund französischer Gangsterfilme widerstehen kann. Ein göttlicher Film. 

Text: Le Samourai

Donnerstag, 5. April 2012

Red State (2011, Dir: Kevin Smith)


In your face, America! Und zwar kompromissloser, brutaler, radikaler, härter, politisch unkorrekter als jede bemühte Mainstream-Studio-Großproduktion.
Kevin Smith - als Director, Writer und Cutter in Personalunion - zeigt sich in absoluter Hochform. Die Independent-Inszenierung mit Shaky Cam und Jumpcuts sitzt perfekt, schauspielerisch ist das alles ebenfalls erste Sahne - allen voran natürlich John Goodman und Michael "Earl McGraw" Parks als wahnsinniger, militanter Priester. Das Drehbuch balanciert gekonnt zwischen offensichtlicher Polemik, radikaler Schwarz/Weiß-Zeichnung, purem Zynismus und einer guten Portion schwarzem Humor. Sicherlich kontrovers diskutierbar, aber genau darin sehe ich die große Stärke des Filmes.
90 spannende Minuten ohne nennenswerte Schwächen, einer der besten Filme des letzten Jahres.
Text: Le Samourai

Montag, 2. April 2012

After Hours (1985, Dir: Martin Scorsese)


Mein 17. Scorsese. Seltsamerweise erst jetzt "entdeckt", ist AFTER HOURS doch definitiv eines seiner allerbesten Werke und gleichzeitig das allgemein unterschätzteste. Irgendwo zwischen Kafkas Prozess, Alice im Wunderland und Bunuels diskreter Charme der Bourgeoisie zaubert Marty eine erstaunlich surreale, hypnotisierende schwarze Komödie auf die Leinwand, die eine komplett neue Seite des Ausnahmefilmemachers offenbart. Technisch absolut brillant und virtuos (dank Michael Ballhaus hinter der Kamera und Thelma Schoonmaker am Schneidetisch) verwandelt Scorsese den New Yorker Bezirk SoHo in eine albtraumhafte nächtliche Hölle voll skurriler Gestalten, verrückter Zufälle und absurder Situationen, aus denen es für den mitleidserregenden Protagonisten, der eigentlich nur nach Hause möchte, scheinbar kein Entkommen gibt. 
Zum Glück wurde diese kleine Paranoia-Satire völlig unabhängig produziert (Hauptdarsteller Griffin Dunne nahm einen Bankkredit auf), was bedeutete, dass Scorsese mit einem Minimum an äußerer Einmischung seine Vorstellungen verwirklichen konnte. 
Ein erstaunliches Meisterwerk, welches ab heute seinen verdienten Platz in meiner persönlichen Scorsese-Top-5 hat.

Text: Le Samourai