Mittwoch, 30. November 2011

In a Lonely Place (1950, Dir: Nicholas Ray)


IN A LONELY PLACE ist ein absoluter Meilenstein des melancholischen Film Noir, ein zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratener Vertreter dieses fantastischen Genres. 
Humphrey Bogart ist umwerfend und verkörpert den zynischen, selbstzerstörerischen Drehbuchautor mit einer selten gesehenen Intensität und Perfektion. Doch auch der übrige Cast kann das hohe schauspielerische Niveau halten, allen voran die geheimnisvoll-verletzliche Gloria Grahame als Alibi-Verschafferin und dem geheimnisvollen Bogey-Charme erlegene Loverin. Rays' Inszenierung ist dicht, on point und absolut spannungsvoll, das Drehbuch mitsamt seinen eloquent-zynischen Dialogen ein absoluter Genuss, vor allem das so gar nicht hollywood-typische Ende haut einen vom Hocker. 
IN A LONELY PLACE ist ein Meisterwerk und für mich deutlich besser/ wichtiger als Rays' kommerziell erfolgreicheres Werk REBEL WITHOUT A CAUSE.

Text: Le Samourai

Fish Tank (2009, Dir: Andrea Arnold)


Die 15-jährige Mia (Katie Jarvis) ist ein Problemfall wie er im Buche steht. Gerade von der Schule geflogen, streift sie meist ziellos und alleine durch die Sozialbauten ihrer Heimatstadt Essex. Liegt sie nicht gerade mit Freunden oder ihrer Mutter im Klinch ertränkt sie ihre Probleme mit Alkohol. Einziger Lichtblick ihres tristen Alltags scheinen Musik und Breakdance zu sein, in denen sie meist alleine Zuflucht sucht. Als ihre Mutter eines Tages einen neuen Freund, den gut aussehenden Connor, anschleppt, nimmt die Geschichte von FISH TANK ihren Lauf.
Schon bei der ersten Begegnung der Beiden ist die gegenseitige sexuelle Begierde greifbar und gipfelt bereits nach wenigen Tagen in unromantischem Geschlechtsverkehr auf der Wohnzimmercouch, während Mia's Mutter zu gedröhnt im Zimmer neben dran schläft. Connor verspricht am nächsten Morgen mit ihr darüber zu reden; Mia macht sich offensichtlich Hoffnungen auf eine Beziehung mit dem über 30-Jährigen. Als Connor jedoch am nächsten Tag spurlos verschwunden ist, macht Mia seine Adresse ausfindig und bricht wutentbrannt in sein Haus ein. Dort muss sie feststellen, dass Conor ein geregeltes gut bürgerliches Leben mit Frau und KInd führt. Aus Rache und Neid heraus, entschließt Mia sich in einer Kurzschlussreaktion Connors kleine Tochter zu entführen, doch kommt nach dem dramatischen Höhepunkt, bei dem das kleine Kind fast ertrinkt, zurück zur Vernunft und bringt das Mädchen noch am gleichen Tag wohlbehalten nach Hause. Verletzt, gekränkt und ohne Perspektive verlässt Mia am Ende des Films ihre Familie um mit einem Freund in Wales zu leben...
FISH TANK ist ein besonderer Film. Mit den geringsten Mitteln zeichnet Regisseurin Andrea Arnold in ihrem Debutfilm ein erschreckend authentisches Abbild der englischen Unterschicht. Tristesse, Langeweile und tiefer Frust sind ständige Begleiter aller Akteure. Trotz ihres sozial nicht tragbaren Verhaltens schafft es Arnold aus Mitleid resultierende Sympathie für Mia im Zuschauer auszulösen. Darstellerin Katie Jarvis wurde von der Straße weg gecastet (sie wurde entdeckt, als sie am Bahnhof von Essex lauthals schreiend mit einem Freund stritt) und liefert trotz keinerlei Schauspiel-Erfahrung eine durchweg überzeugende Leistung ab.
FISH TANK ist ein kleiner Film, der aber vor allem durch Hauptdarstellerin, Drehbuch und die teilweise wunderschöne Fotografie zu überzeugen weiß und damit seine Cannes Auszeichnung (Preis der Jury) rechtfertigt.
Anfang diesen Monats wurde Arnolds Nachfolgefilm WUTHERING HEIGHTS veröffentlicht und steht auf meiner Merkliste jetzt weit oben.
Text: andyewest88

Dienstag, 29. November 2011

Anatomy of a Murder (1959, Dir: Otto Preminger)


Außer Preminger kann sich nur Hitchcock damit rühmen eine derartige Leistung aus den Tiefen des großartigen Jimmy Stewart heraus gekitzelt zu haben. Das perfekte Gerichtsdrama, detailliert präzise, gespickt mit wunderbaren Kompositionen von Duke Ellington und einem Drehbuch, das man Seite für Seite vergolden sollte. 
Werke wie dieses lassen noch deutlicher werden, dass das, was heute unter großem Kino verstanden wird eigentlich größtenteils B-Filme sind...

Text: FredFuchs
___
"People aren't just good or just bad. People are many things." 
ANATOMY OF A MURDER ist eine filmische Offenbarung. Selten passen die verschiedenen Bauteile dermaßen genial zusammen wie in Premingers bittersüßen Abrechnung mit dem amerikanischen Justizsystem. Hier stimmt einfach alles. Jimmy Stewart in einer seiner glänzendsten Rollen, seine über zweieinhalb Stunden konstant fesselnde Performance ist eine Wucht und macht ihn endgültig zu einem meiner absoluten Lieblingsschauspieler. Der übrige Cast ist ebenso genial, erwähnenswert auf jeden Fall der junge Ben "Jacky Treehorn" Gazzara als Angeklagter in einer seiner frühen Rollen. Duke Ellingtons Jazz-Score ist fantastisch, Premingers Inszenierung sowie Wendell Mayes' Drehbuch (nach dem Roman von John D. Voelker) grenzen an Perfektion. Mit hauchdünnem Vorsprung mein persönlicher Favorit der drei großen Gerichtsfilme, vor WITNESS FOR THE PROSECUTION (Billy Wilder) und 12 ANGRY MEN (Sidney Lumet). 

Text: Le Samourai

Sonntag, 27. November 2011

Ms. 45 (1981, Dir: Abel Ferrara)


Abel Ferrara, Meister des knallharten New York Low Budget Kinos, schuf mit seinem Underground-Kultklassiker "Ms. 45" eines der stilistisch eindrucksvollsten, härtesten, einfach besten Rape & Revenge Movies überhaupt. Die bildschöne Zoe Lund mimt das stumme "Good Girl Gone Bad" absolut überzeugend und krönt ihren Rachefeldzug gegen die Männlichkeit im Nonnenkostüm in einem episch-verstörenden Finale.
Text: Le Samourai

Montag, 21. November 2011

Carnival of Souls (1962, Dir: Herk Harvey)


Sixties-Low-Budget-Horror-Mystery, dem man das begrenzte Budget natürlich ansieht, diese Tatsache aber gleichzeitig den Reiz, die Einzigartigkeit und Genialität dieses Juwels ausmacht bzw. verdeutlicht. Schaurig-schöne Orgelmusik, bleiche "Ghouls" mit furchteinflößenden Visagen und eine mystisch-surreale Geschichte führen uns zum absoluten Brainfuck-Ende, das noch mehr Fragen aufwirft, als der ohnehin schon albtraumhaft-absurde Trip dorthin. 
Definitiv Inspirationsquelle für David Lynch und Co., Freunde des Mitternachtskinos sollten auf jeden Fall einen Blick auf "Carnival of Souls" werfen.

Text: Le Samourai

Sonntag, 20. November 2011

Hunger (2008, Dir: Steve McQueen)


Eine Aneinanderreihung von absolut brillant inszenierten, trostlos beklemmenden Szenen. Höhepunkt ist die 17-minütige Sequenz ohne Kamerabewegung oder Schnitt, in der Fassbender einem Priester seine Beweggründe für den Hungerstreik darlegt. Die längste Szene überhaupt in einem "Mainstream"-Spielfilm. 
Michael Fassbender mimt den sich zu Tode hungernden Iren mit erschreckender Perfektion. Auf den weiteren Output (beginnend mit dem bald erscheinenden "Shame") von Steve McQueen muss ein Auge geworfen werden, sein Erstlingswerk ist ein hervorragendes Stück verfilmte Zeitgeschichte.

Text: Le Samourai

Fantastic Mr. Fox (2009, Dir: Wes Anderson)


Gewohnt detailverliebt, liebevoll, herzlich und skurril, weiß auch das neueste Werk von Wunderkind Anderson auf ganzer Linie zu überzeugen. Statt plumper 3D-Animation setzt er auf handgemachte, unglaublich aufwendige Stop Motion-Technik und kreiert einmal mehr einen wunderbar anzusehenden Mikrokosmos aus skurrilen Figuren und Außenseitertypen, wenngleich auch dieses Mal im Tierreich. Hinzu kommen ein fantastischer Soundtrack von Alexandre Desplat und eine Sprecher-Riege, die - mit George Clooney, Meryl Streep, Jason Schwartzman, Bill Murray, Michael Gambon, Willem Dafoe, Owen Wilson - ihresgleichen sucht.
Text: Le Samourai

Montag, 7. November 2011

Un Flic (1972, Dir: Jean-Pierre Melville)


Warm anziehen, denn was Stilikone Jean-Pierre Melville hier in seinem letzten Werk auf die Leinwand zaubert, ist eiskalt. Graublaue, triste Bilder. Vollkommen emotionslose Charaktere. Zwei genial inszenierte Überfälle und ein Finale, mit dem sich der Meister, der nur ein Jahr später verstarb, mehr als würdig verabschiedet...
Text: Le Samourai

Sonntag, 6. November 2011

Bottle Rocket (1996, Dir: Wes Anderson)


Wes Andersons mehr als gelungenes Spielfilmdebüt BOTTLE ROCKET - mit dem unfassbar sinnlosen deutschen Titel "Durchgeknallt" - ist ein lakonisch erzähltes, unaufgeregtes Roadmovie über Liebe und Freundschaft. Klingt abgedroschen, ist es aber nicht, denn schon hier sieht man deutlich Andersons Gespür für subtilen Humor mit Tiefgang und skurrile Charaktere in einem liebevoll gestalteten Mikrokosmos aus Absurdität und Lakonie. 
Für Anderson-Fans Pflicht, für Freunde von unaufgeregtem Independentkino definitiv empfehlenswert, denn schon hier spürt man deutlich Andersons Ausnahmetalent, welches er nur zwei Jahre später mit seinem Meisterwerk RUSHMORE eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Text: Le Samourai

Hush...Hush, Sweet Charlotte (1964, Dir: Robert Aldrich)


Großartig erzähltes und gespieltes Psycho-Grusel-Drama, angesiedelt im reichen Südstaatenmilieu der Sechziger. Robert Aldrichs Inszenierung ist absolut meisterhaft, auch dank hervorragender Kamera- und Lichtarbeit. Der für seine Zeit mit ziemlich krassen Schock- und sogar Splattereinlagen ausgestattete Thriller kommt in prächtigstem, hammerhart kontrastreichem und teilweise sogar expressionistisch anmutendem Schwarzweiß daher und ist nach wie vor eine cineastische Augenweide. Bette Davis als alternde, manisch-depressive Jungfer ist ein weiteres Mal großartig, ihr Zusammenspiel mit der nicht minder genialen Olivia de Havilland und dem charismatisch-zwielichtigen Joseph Cotten ein absoluter Hochgenuss.
Text: Le Samourai

Samstag, 5. November 2011

The Life Aquatic with Steve Zissou (2004, Dir: Wes Anderson)


Was soll man dazu noch groß sagen? Ausnahme-Filmemacher Wes Anderson trommelt erneut einen aberwitzigen Cast zusammen (Owen Wilson, Cate Blanchett, Anjelica Huston, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Michael Gambon und Seu Jorge), den er unter der Leitung vom grandiosen Bill Murray auf die wahnwitzigste, außergewöhnlichste und skurrilste Meeresexpedition schickt, die das Kino jemals gesehen hat. 
Eine unendlich kreative und liebevolle Hommage an den legendären Meeresforscher Jacques Cousteau, gespickt mit aberwitzigen Meeresbewohnern, schießwütigen Piraten, "live" von Seu Jorge auf portugiesisch performten David Bowie-Songs und einem Grand Finale auf dem Meeresgrund, wo die versammelte Mannschaft im Yellow Submarine zu Sigur Ros (Staralfur) dem gewaltigen Jaguar-Hai direkt in die Augen blickt. Die Magie dieser Szene haut einen um. 
Sicherlich kein Film für Jedermann, aber irgendwie ist das ja auch gut so...

Text: Le Samourai

Rushmore (1998, Dir: Wes Anderson)


Wes Andersons zweites Werk in Spielfilmlänge ist ein absolut besonderer Film, ein feinfühliges Meisterwerk, unvergleichlich in Machart und Wirkung. Zwischen Highschool-Komödie, Coming Of Age und Beziehungsdrama balanciert Anderson meisterhaft die einzigartigen Figuren seines typischen Mikrokosmos aus Skurrilität und Lakonie. Dialoge und Handlung sind durch und durch brillant, feingeistig und absolut kurzweilig. Schwartzman als Teenie-Nerd ist ebenso hervorragend wie Olivia Williams als verwitwete Lehrerin. Bill Murray spielt seine für mich beste Rolle neben LOST IN TRANSLATION und BROKEN FLOWERS und ist sowieso immer ein Hochgenuss. 
Ein seltenes Meisterwerk der stillen Töne, ein Wohlfühlfilm in dem nahezu alles stimmt und den man am liebsten direkt noch einmal sehen möchte...

Text: Le Samourai

Freitag, 4. November 2011

The Green Hornet (2011, Dir: Michel Gondry)


Was mich wirklich überrascht: THE GREEN HORNET ist kein schlechter Film. Der erste Ausflug des unbändig kreativen Independent-Franzosen Michel Gondry ins Blockbuster-Hollywoodkino ist mehr als geglückt. Da ich großer Fan seiner bisherigen Arbeit bin (im Besonderen BLOCK PARTY und ETERNAL SUNSHINE OF THE SPOTLESS MIND) war ich bis heute äußerst skeptisch, ob ausgerechnet Gondry der richtige Mann für die nächste der unzähligen Comicverfilmungen dieses jungen Jahrtausends sei; nebenbei bemerkt nicht gerade mein Lieblingsgenre, da die meisten Filme dieser Art doch im uninspirierten, langweiligen, nervigen, lauten und unlustigen Einheitsbrei untergehen. Doch Gondrys Wechsel zum (scheinbaren) Blockbusterkino ist mehr als geglückt. Als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht inszeniert er technisch gekonnt und immer mit einer großen Portion Ironie handgemachte Action und führt das eher untypische Schauspielensemble sicher durch seine Genre-Parodie. 
Wie bereits im Intro durch das Enthaupten des Spielzeug-Supermans augenzwinkernd angekündigt, geht's dem Superheldengenre in den folgenden zwei Stunden sprichwörtlich an den Kragen. Allein die Besetzung Seth Rogens als Protagonist ist zu gleichen Teilen ungewöhnlich wie gewagt, aber genau die richtige Entscheidung gewesen, denn sein spezieller Humor tut der ohnehin höchst ironischen Geschichte mehr als gut. Dazu liefert Christoph Waltz als kongenialer Bösewicht eine weitere Glanzleistung ab und es ist wirklich eine wahre Freude, ihm beim Spiel des osteuropäischen Gangsterbosses mit ernstzunehmenden Persönlichkeitsproblemen zuzusehen. 
Klar will das Zielpublikum durch Actionsequenzen unterhalten werden, klar kann man hier kein Kreativmeisterwerk wie ETERNAL SUNSHINE oder SCIENCE OF SLEEP erwarten, klar musste sich Gondry mit seinem surrealen, skurrilen Stil etwas zurückhalten, trotzdem bekommt man einen erfrischend anderen Hollywoodblockbuster geboten, der einfach verdammt unterhaltsam ist und es auf jeden Fall wert ist, gesehen zu werden...
Text: Le Samourai

Mittwoch, 2. November 2011

The Darjeeling Limited (2007, Dir: Wes Anderson)


Wow! Alle paar Schaltjahre kommt wirklich mal eine Hollywoodkomödie, mit der ich was anfangen kann.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass dies erst - nach der gelungenen Tiefseeexpedition mit Bill Murray - mein zweiter Anderson ist, und auch gleichzeitig der bessere der beiden. Bereits nach 3 Minuten war die Begeisterung und Verzückung groß, denn Wes Anderson verursachte bei mir mit seiner GRANDIOSEN Eröffnungssequenz (Bill Murray, der verzweifelt versucht noch auf den gerade vom Bahnhof abfahrenden Darjeeling Limited Zug aufzuspringen, aber zu langsam ist, und demnach auch leider im Film keine Rolle mehr spielen wird. Großartig!) derart gute Laune, welche die kommenden 90 höchst amüsanten Minuten konstant anhielt.
Proletenhumor: Fehlanzeige. Abgedroschene 08/15-Slapstick Einlagen: Fehlanzeige. Flache, austauschbare Stereotypen: Fehlanzeige.
Mit viel Lakonie und Absurdität erzählt Wes Anderson eine konstant aberwitzige, aber zugleich immer tiefgehende, melancholische Geschichte von Verlust und Selbstfindung. Es ist eine Freude, seinem Trio Infernale Jason Schwartzman, Adrien Brody und Owen Wilson dabei zuzusehen, wie sie voller Spielfreude Andersons genial vielschichtigen Charaktere verkörpern und die auf sie maßgeschneiderten Dialogfeuerwerke zünden.
Schade, dass solche gleichermaßen intelligenten wie tiefgründigen Komödien immer seltener das Licht der Erde erblicken. Wes Anderson ist hier eine willkommene Ausnahme...

Text: Le Samourai